Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Deutsche Unternehmen blicken an ihren internationalen Standorten laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) wieder überwiegend optimistisch auf die Entwicklung der Weltwirtschaft - auf die eigenen Geschäfte springt der Funke allerdings noch nicht über. Die Unternehmen zeigten sich "so zuversichtlich wie seit zwei Jahren nicht mehr", teilte die Kammerorganisation zum Ergebnis des aktuellen AHK World Business Outlook vom Frühjahr dieses Jahres mit. Erwartet werde nun, dass die deutschen Exporte nach einem Rückgang um 1,8 Prozent 2023 "in diesem Jahr immerhin eine schwarze Null erreichen".

Laut der Umfrage, für die die DIHK und die deutschen Auslandshandelskammern (AHK) die Rückmeldungen von knapp 4.300 weltweit aktiven AHK-Mitgliedsunternehmen ausgewertet haben, erwarten 31 Prozent eine konjunkturelle Belebung an ihren Standorten im laufenden Jahr. Im Herbst 2023 waren es noch 22 Prozent. Mit 19 Prozent gehe noch jedes fünfte Unternehmen von einer konjunkturellen Abkühlung aus, nach 28 Prozent im Herbst. Rückläufige Inflationsraten verbunden mit der Hoffnung auf Zinssenkungen verbesserten die Konjunkturerwartungen der Unternehmen. Dem ständen anhaltende geopolitische Spannungen und Handelskonflikte gegenüber, die die Zuversicht dämpften. So legten die Erwartungen an die eigene geschäftliche Entwicklung nur minimal zu.

"Auf zahlreichen Weltmärkten stehen die Zeichen auf Aufschwung. Das lässt viele Unternehmen wieder auf bessere Stimmung hoffen", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. "Der sogenannte Transmissionsriemen, der ist nur noch schwach in der Übertragung dieser Kräfte, die aus der Weltwirtschaft kommen, auf deutsche Unternehmen ganz generell und auf deutsche Standorte", betonte er bei einer Pressekonferenz. Aktuell materialisierten sich die besseren Konjunkturerwartungen noch nicht in einer gleichstarken Belebung des internationalen Handels - und damit auch der Geschäfte der deutschen Unternehmen vor Ort.


Weiterhin Skepsis und Unsicherheit 

"Die schwächelnde Konjunktur in Deutschland und bestehende Unsicherheiten über die wirtschaftspolitische Entwicklung hemmen noch viele AHK-Mitgliedsunternehmen, jetzt wieder kraftvoll Schwung zu nehmen und konkrete Investitionspläne zu schmieden", konstatierte Treier. "Skepsis und Unsicherheit bleiben somit bestehen." Global betrachtet verbessere sich die Geschäftslage im Vergleich zur vorherigen Umfrage kaum. Sie liege immer noch unter dem Niveau des Vorjahres 2023 sowie leicht unter dem langjährigen Durchschnitt. Auch die Geschäftserwartungen legten nur minimal zu. Entsprechend hielten sich die Unternehmen mit Investitionen zurück.

In Europa lösten sich die Bremsen bei Wirtschaftswachstum und geschäftlicher Situation erst langsam. So beurteilten die Unternehmen ihre aktuelle Lage in der Eurozone nicht besser als im Herbst. Auch die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate blieben unter dem globalen Durchschnitt und lichteten sich nur leicht. "Ein persistenter Fachkräftemangel, eine geringe Nachfrage, gestiegene Arbeitskosten und unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen verhindern einen kräftigeren Aufschwung für Europa insgesamt", erklärte die DIHK.

Während sich die Stimmung der Unternehmen an zahlreichen internationalen Standorten zumindest leicht verbessere, trübten sich die Erwartungen in China nochmals ein. Insbesondere die anhaltende Nachfrageschwäche in der chinesischen Wirtschaft wirke sich negativ aus. "Deutsche Produkte bleiben zwar nach wie vor die leistungsstärksten, was Qualität, Technologieführerschaft und Innovationskraft betrifft", sagte Maximilian Butek, Delegierter der deutschen Wirtschaft in Schanghai. Die zunehmenden Wettbewerbsnachteile gegenüber chinesischen Konkurrenten insbesondere beim Marktzugang, bei Behördenkontakten oder bei der Informationsbeschaffung für öffentliche Ausschreibungen stellten Belastungen für deutsche Unternehmen dar. "Das bedeutet, dass man sich derzeit die Geschäfte in China leisten können muss und einen langen Atem braucht."


Dynamische Entwicklung in Asien-Pazifik 

Derweil sind die Unternehmen laut der Umfrage an ihren Standorten in Asien-Pazifik ohne Greater China optimistischer und heben ihre Geschäftserwartungen merklich an. Die Region entwickle sich dynamisch und bleibe eine wichtige Destination für die Diversifizierung von Lieferketten. "Die deutsche Wirtschaft ist vor allem von bestimmten Schlüsselproduktionen und Handelspartnern abhängig. Hier müssen wir uns mit unterschiedlichen Beschaffungsquellen und Absatzmärkten breiter aufstellen als bisher", mahnte Treier. "Es gilt, Resilienz in der Beschaffung aufzubauen."

Weitere Lichtblicke sähen die Unternehmen zudem besonders in den USA und der Region Mittlerer Osten/Nordafrika (Mena). Mit einer weltweit überdurchschnittlich guten Geschäftslage und Geschäftserwartung spiegele sich in diesen Regionen das grundsätzlich wachsende Vertrauen in die weltweite Wirtschaftsentwicklung wider. Besonders in der Mena-Region zeigten sich die Unternehmen im Vergleich zur Vorumfrage optimistischer. Gute Rahmenbedingungen in Marokko, eine Entspannung der Liquiditätskrise in Ägypten und fortwährend gute Investitionsmöglichkeiten in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten trügen zur Dynamik in der Region bei.

Trotz eines zuletzt etwas langsameren Wirtschaftswachstums und hoher Zinsen hätten ein robuster privater Konsum und stabiler Arbeitsmarkt die US-Wirtschaft gestützt. Deutlich häufiger als im Herbst sorgten sich die Unternehmen in den USA allerdings um unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und vor allem Handelsbarrieren. "Diese Entwicklung zeigt, dass das internationale Geschäft der deutschen Unternehmen insgesamt kein Selbstläufer ist", sagte Treier. "Es ist aktuell umso mehr notwendig, auf eine verstärkte globale Kooperation und die Förderung des Marktzugangs auch im bilateralen Bereich hinzuarbeiten."

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May 07, 2024 04:06 ET (08:06 GMT)