Hauptversammlung

MTU Aero Engines AG

Rede des Vorstandsvorsitzenden

Lars Wagner

am 8. Mai 2024

in München

- Es gilt das gesprochene Wort -

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Liebe Aktionärinnen und Aktionäre,

liebe Aktionärsvertreterinnen und Aktionärsvertreter, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,

Licht und Schatten.

Ein Gegensatz, der das Geschäftsjahr 2023 treffend beschreibt. Es war ein Jahr mit hellen und dunklen Momenten für die MTU Aero Engines AG.

Besonders deutlich wird das beim Blick auf unsere Geschäftszahlen.

Zuerst die Sonnenseite - unsere bereinigten Kennzahlen.

Im Geschäftsjahr 2023 haben wir einen bereinigten Umsatz von 6,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Und ein bereinigtes Ergebnis in Höhe von 818 Millionen Euro. Der bereinigte Gewinn nach Steuern erreichte 594 Millionen Euro. Der Free Cashflow lag bei 352 Millionen Euro.

Unsere ehrgeizigen Ziele haben wir damit voll erreicht. Mehr noch: Die MTU war 2023 operativ in Höchstform. Die bereinigten Zahlen sind durch die Bank Rekordwerte. Sie machen deutlich, was unser Unternehmen leisten kann. Und mit welcher Ertragskraft und Stärke in Zukunft zu rechnen ist.

Die berichteten Werte dagegen zeigen die Schattenseite:

5,3 Milliarden Euro Umsatz. Ein Ergebnis von minus 161 Millionen Euro. Und unter dem Strich ein Verlust in Höhe von 97 Millionen Euro. Das kennen Sie nicht von uns, sehr geehrte Damen und Herren. Eigentlich steht die MTU doch für Ertragskraft und finanzielle Stabilität.

Woher kommt dieser signifikante Unterschied zwischen bereinigten und berichteten Zahlen?

Sicher kennen Sie die Antwort - wir haben die Fakten kontinuierlich kommuniziert: Unsere Geschäftszahlen spiegeln die enormen finanziellen Sondereffekte des Getriebefan- Flottenmanagementplans wider. Diese haben unseren berichteten Umsatz und unser berichtetes Ergebnis mit rund einer Milliarde Euro stark belastet.

Der Flottenmanagementplan ist das Inspektionsprogramm für die Getriebefan-Triebwerke, kurz: GTF. Wir fertigen sie zusammen mit unseren Programmpartnern vor allem für den Airbus A320neo.

Der Auslöser für den Flottenmanagementplan liegt nicht in unserer Hand. Es gab vielmehr ein Fertigungsproblem im Bauanteil unseres Programmpartners Pratt & Whitney.

Dieses Problem im Produktionsprozess ist inzwischen gelöst.

Aber: Die verbauten Teile müssen vorzeitig überprüft werden.

Wichtig an dieser Stelle: Die sicherheitsrelevanten Aspekte des Triebwerks waren nie gefährdet. Es muss lediglich geprüft werden, ob der Zustand der verbauten Teile den besonderen Erwartungen an die Langlebigkeit entspricht. Wenn das nicht der Fall ist, tauschen wir sie sofort aus. Ohne Wenn und Aber.

Viele Checks erfolgen bei ohnehin geplanten Instandhaltungsmaßnahmen. Aber eben nicht alle.

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Deshalb müssen in den kommenden Jahren 600 bis 700 Triebwerke zusätzlich in die Werkstatt. Das führt dazu, dass bis zum Jahr 2026 im Durchschnitt 350 Flugzeuge pro Jahr am Boden bleiben müssen.

Hier liegt die Ursache für die hohe finanzielle Belastung: Die Flugzeuge können nicht genutzt werden. Das hat Kompensationszahlungen an die Fluggesellschaften zur Folge. Dazu kommen Kosten für die zusätzlichen Shop Visits - also die Werkstattbesuche der Triebwerke.

Diese Kosten trägt die MTU nicht alleine - ist aber daran beteiligt. Da wir Partner beim Getriebefan sind, schlägt der Flottenmanagementplan auch auf uns durch.

Für die erwarteten Verpflichtungen hatten wir bilanzielle Vorsorgen zu bilden. Hieraus resultierte eine Sonderbelastung unserer Geschäftszahlen 2023 von rund einer Milliarde Euro.

Nicht nur unsere Geschäftszahlen waren vom Getriebefan-Flottenmanagementplan betroffen. Er hat sich auch auf unseren Aktienkurs ausgewirkt.

Werfen wir einen Blick auf die Kursentwicklung im Jahr 2023:

Zunächst war der Aktienkurs Ausdruck unserer Erfolge. Im April hat die MTU-Aktie ihren Jahreshöchststand erreicht: 244 Euro und 50 Cents.

Nach der Bekanntgabe des Getriebefan-Flottenmanagementplans im September folgte eine spürbare Abwertung: Unsere Aktien haben zwischenzeitlich ein Viertel ihres Werts verloren.

Das haben wir wieder Wett gemacht: Ende des ersten Quartals 2024 lag unser Aktienkurs sogar wieder leicht über dem Niveau, das er vor dem Bekanntwerden der GTF-Thematik hatte.

Es wird Sie nicht überraschen, wenn ich sage: Hier gibt es noch weitere Luft nach oben. Auch die Mehrheit der Analysten sieht in unserem Unternehmen und seinem Aktienkurs weiteres Potenzial.

Ich versichere Ihnen: Der Vorstand der MTU Aero Engines AG setzt alles daran, den Börsenwert unseres Unternehmens nachhaltig zu steigern.

Ein Beleg: Trotz der angespannten Free-Cashflow-Situation investieren wir weiter kraftvoll in die Zukunft und haben dabei den langfristigen Unternehmenswert stets im Blick.

Gleichzeitig haben wir im Rahmen unserer strategischen Zielsetzung begonnen, ein Transformationsprogramm zu entwickeln, um die MTU fit für die Zukunft zu machen.

Insbesondere bei Effizienz, Resilienz, Innovation und Nachhaltigkeit haben wir uns ehrgeizige Ziele gesetzt. Ich bin mir sicher: Im Jahr 2030 wird die MTU auf einem neuen Level stehen.

Denn unser Anspruch ist klar: Wir wollen Ihnen ein verlässliches, hochattraktives und in die Zukunft gerichtetes Investment bieten.

Für das Geschäftsjahr 2023 haben wir uns entschieden, Ihnen trotz der aktuellen Belastung eine Dividende vorzuschlagen.

Vorstand und Aufsichtsrat schlagen Ihnen heute eine Dividende von zwei Euro pro Aktie vor.

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Damit möchten wir auch das Signal senden, dass wir die aktuelle Sonderbelastung zeitnah überwinden und unsere bekannte Ausschüttungspolitik reaktivieren können - auch, um uns bei Ihnen für Ihre Treue zu bedanken.

Wird sich Ihre Treue auszahlen? Mit Sicherheit!

Die Zukunftsaussichten für die MTU sind hervorragend. Die gesamte Luftfahrtbranche ist im Aufwind. Die Nachfrage nach neuen Triebwerken ist enorm hoch, genauso der Bedarf an Instandhaltung.

Das zeigen auch die Luftfahrtmessen der vergangenen Monate - mit beeindruckend hohen Bestellungen für die MTU:

  • Paris Airshow 2023: Aufträge im Wert von über einer Milliarde Dollar für die MTU;
  • Dubai Airshow 2023: Bestellungen im Wert von mehr als 500 Millionen Dollar für die MTU;
  • Singapore Airshow 2024: ebenfalls Aufträge im Wert von 500 Millionen Dollar für die MTU. Das ist eine starke Ausgangsposition für uns!

Und wir haben sie 2023 weiter verbessert - dank zielgerichteter Investitionen. Sowohl in Technologie als auch in unsere Kapazitäten an allen Standorten weltweit.

Lassen Sie mich einige Beispiele nennen:

Hier in München haben wir eine neue Produktionshalle für die Scheibenfertigung gebaut. Sie setzt Maßstäbe im Bereich Innovation.

Mit 34 Metern Höhe ist die Halle auf unserem Werksgelände nicht zu übersehen. Es gibt zwei Hauptebenen für die Fertigung; außerdem eine Ebene als flexible, hoch moderne Bürofläche. Insgesamt bietet die Halle 14.000 Quadratmeter Nutzfläche.

Das Wichtigste: Sie ist nicht nur einfach eine weitere Fertigungshalle. Sie sehen hier die modernste Rotorfertigung der Welt.

In der finalen Ausbaustufe wird die Halle vollständig automatisiert sein. Damit sind wir optimal aufgestellt, um auch künftig den Bedarf unserer Kunden bestmöglich zu bedienen.

Doch das ist noch lange nicht alles:

  • In unserer Zentrale in München haben wir vergangenes Jahr den Grundstein für ein neues Entwicklungszentrum gelegt.
  • An unseren Standorten in China und in Kanada haben wir neue Trainingskapazitäten geschaffen. Damit sichern wir die Aus- und Weiterbildung unserer Fachkräfte ab.
  • In China haben wir einen zweiten Prüfstand in Betrieb genommen. Mit dem dazugehörigen räumlichen Ausbau verdoppeln wir in diesem wichtigen Markt unsere Kapazitäten.

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  • Die MTU Maintenance Dallas hat neue, deutlich größere Betriebsflächen bezogen. Dort können wir jetzt auch Triebwerkstests durchführen.
  • Schlussendlich haben wir die Kapazitäten unseres On-Site-Servicenetzwerks, also unserer mobilen Reparaturteams, wirkungsvoll aufgebaut - in Australien, Brasilien und in den USA.

2023 hat sich einmal mehr gezeigt, dass unsere Investitionen wichtig und richtig sind - und es auch während der Corona-Pandemie waren. Denn ohne sie hätten wir jetzt keine Kapazitäten für die zusätzlichen Getriebefan-Shop-Visits und die insgesamt weiter stark wachsende Nachfrage nach Triebwerks-Instandhaltung.

Wir müssen schließlich einen Spagat schaffen: uns gut für den Marktbedarf aufstellen - und parallel den Getriebefan-Flottenmanagementplan schnellstmöglich umsetzen.

Ich möchte an dieser Stelle erneut betonen: Die MTU ist beim GTF-Flottenmanagementplan Teil der Lösung, nicht Teil des Problems.

Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um die Situation gemeinsam mit unseren Partnern so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen - im Sinne unseres Unternehmens, unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - und natürlich unserer Investoren.

Wie sieht das konkret aus? Wir arbeiten auf allen Ebenen des Unternehmens mit Nachdruck an Lösungen. Und natürlich auch mit dem erforderlichen Hochdruck in unseren Werkstätten, um die Triebwerke zu überprüfen.

Dazu ein Blick hinter die Kulissen - in die Getriebefan-Instandhaltung an unserem Standort Hannover:

[Video] Herzlich willkommen bei der MTU Maintenance Hannover. Mein Name ist Andreas Wohlers. Ich bin Fluggerätmechaniker, Fachrichtung Triebwerkstechnik. Wir sind hier in der Halle, in der wir den Getriebefan instand halten. Was wir hier im Rahmen des Getriebefan-Flottenmanagementplans tun? Im ersten Schritt zerlegen wir das Triebwerk. Dabei bauen wir die Teile aus, die möglicherweise einen Produktionsfehler haben. Diese Teile werden dann untersucht. Dabei führen wir zwei Verfahren durch: die sogenannte FPI, ein Farb-Eindring-Verfahren, und die "AUSI", eine Art Ultraschall-Prüfung. Wenn die Teile in Ordnung sind, können wir sie wieder einbauen. Sollten sie fehlerhaft sein, benötigen wir ein Ersatzteil. Im Anschluss werden die Getriebefans wieder zusammengebaut, getestet und gehen zurück an den Kunden. Der Getriebefan ist dann wieder einsatzbereit für den Flugbetrieb. Der Ablauf in Stichpunkten: Demontage - Befundung - Wiedereinbau beziehungsweise Austausch und Einbau - Montage - Test - Auslieferung.

Vielen Dank für diesen wertvollen Einblick, Herr Wohlers.

Meine Damen und Herren, das erscheint auf den ersten Blick vermutlich ganz einfach. Aber, wie Sie den Medien entnehmen konnten: So ein Shop-Visit dauert etwa 150 Tage. Das zeigt, wie viele hoch komplexe Prozess-Schritte wirklich dahinterstecken.

In Summe sehen wir auch in den Werkstätten Licht und Schatten.

Die helle Seite: Die Luftfahrt boomt, Shops und Auftragsbücher sind voll.

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Gerade nach dem Ende der Corona-Einschränkungen wird wieder viel geflogen, somit ist auch die Nachfrage für Instandhaltung hoch. Das sind gute Nachrichten, volle Werkstätten bedeuten für uns Umsatz und Ertrag.

Zudem: Der Getriebefan ist sehr erfolgreich.

Die Auftragsbücher der Flugzeughersteller und damit auch der Triebwerkshersteller sind voll. Auch das ist natürlich eine positive Situation für uns.

Hinzu kommt allerdings die Schattenseite:

In die bereits vollen Werkstätten kommen jetzt die Triebwerke aus dem GTF-Flottenmanagementplan. On top. Das erfordert logistische Höchstleistungen und eine lückenlose Versorgung mit Ersatzteilen.

Wo immer es möglich ist, verlagern wir deshalb Drittgeschäft, also Instandhaltungsarbeiten an anderen Triebwerkstypen, auf weitere Standorte und schaffen so in Hannover zusätzliche Kapazitäten für den Getriebefan. Denn dort haben wir die maximale GTF-Expertise.

Und natürlich fahren wir mit Hochdruck die Kapazitäten an den anderen Getriebefan-Standorten weiter hoch: bei der EME Aero in Polen und der MTU Maintenance Zhuhai in China.

Gleichzeitig gilt es, die Herausforderungen in der Lieferkette zu meistern:

Falls sich Teile als schadhaft herausstellen, benötigen wir Ersatzteile, um sie auszutauschen. Und das bei einer ohnehin schon voll ausgelasteten Produktion von Neu-Triebwerken.

Die Wartezeit bis ein Ersatzteil geliefert wird, verlängert die Durchlaufzeit. Also die Zeit, die ein Triebwerk in der Werkstatt verbringt, bevor es wieder am Flügel eines Flugzeugs hängen kann.

Diese Durchlaufzeit wollen wir deutlich reduzieren.

Wir können das: Instandhaltung ist unsere absolute Expertise, die MTU hat jahrzehntelange Erfahrung mit unterschiedlichsten Triebwerkstypen - und allein aus mittlerweile über 1.000 überholten Getriebefans.

Wir haben die richtigen Leute mit einem extrem hohen Know-how. Das wissen auch unsere Partner. Sie vertrauen auf unser Können. Nicht umsonst war der erste Getriebefan im Rahmen des Flottenmanagementplans bei uns in Hannover zur Überprüfung.

Meine Damen und Herren, Sie sehen:

Wir bringen all unsere Kompetenz und Kapazitäten ein, um das Thema im Partnerverbund so schnell wie möglich abzuarbeiten.

Mir ist wichtig zu betonen: Der Getriebefan ist ein tolles Triebwerk.

Er ist leise, er ist hocheffizient - er bedeutet wahre Ingenieurskunst.

Damit ist er aus gutem Grund ein Verkaufsschlager.

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Ich stehe hier an einem MTU-Bauteil für den Getriebefan: an unserer schnelllaufenden Niederdruckturbine. Sie treibt den Fan des Triebwerks an.

Den Fan mit seinen großen Schaufeln sehen Sie, wenn Sie von vorne in ein Triebwerk schauen. Hinter dem Fan sitzt das Getriebe - also die Besonderheit, die dem Getriebefan seinen Namen gibt. Dadurch werden Treibstoffverbrauch, CO2-Ausstoß und Lärmentwicklung deutlich reduziert.

Wie das genau funktioniert, erklärt Ihnen jetzt der Leiter unseres Bereichs Entwicklung und Technologie, Dr. Stefan Weber:

[Video] Der Clou ist in der Tat das Getriebe. Bei anderen Triebwerken drehen sich Fan und Niederdruckturbine gleich schnell. Beim Getriebefan entkoppelt das Getriebe den Fan und die Niederdruckturbine voneinander. So können beide Komponenten in ihrer optimalen Geschwindigkeit laufen. Der Fan kann also langsamer drehen, die Niederdruckturbine schneller. Genau das ist der Schlüssel für die Reduktion bei Verbrauch, CO2-Emissionen und Lärm.

Gegenüber Vorgängertriebwerken senkt der Getriebefan die CO2-Emissionen um 20 Prozent und verringert den Lärmteppich um 75 Prozent. Das ist ein Quantensprung in der Triebwerksentwicklung. Bis heute hat die Getriebefan-Triebwerksfamilie fast fünf Milliarden Liter Kraftstoff eingespart und 14 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden. Das zeigt eindrucksvoll, was das Triebwerk kann.

Vielen Dank, das sind in der Tat eindrucksvolle Zahlen!

Der Getriebefan hat also mit Sicherheit die richtige Architektur. Spielt er auch für die Zukunft der Luftfahrt eine wichtige Rolle?

Klares JA! Auf dem Weg zu einer nachhaltigen, emissionsfreien Luftfahrt ist er unverzichtbarer Bestandteil unserer Technologie-Agenda. Gemeinsam mit unserem langjährigen Partner Pratt & Whitney entwickeln wir den Getriebefan weiter zum GTF Advantage, der Verbesserungen bei Schubkraft, Langlebigkeit und Verbrauch bringen wird.

Und wir haben bereits die nächste Entwicklungsstufe im Blick und arbeiten an der zweiten Generation des Getriebefans. Diese steht für eine erneute Weiterentwicklung in den Bereichen Effizienz und Klimawirkung. Wenn man hier nachhaltig produzierte Kraftstoffe - sogenannte SAFs - oder Flüssigwasserstoff einsetzt, kann die zweite GTF-Generation die Klimawirkung signifikant reduzieren - um bis zu 65 Prozent gegenüber einer Fluggasturbine aus dem Jahr 2000.

Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich an dieser Stelle genauer auf das Thema Nachhaltigkeit eingehen. Denn Nachhaltigkeit ist ein Bereich, der die Zukunft der Luftfahrt bestimmt wie kein anderer.

Mein erster Punkt: Kraftstoffe.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität der Luftfahrt spielen Sustainable Aviation Fuels, also nachhaltig produzierte Kraftstoffe, eine wichtige Rolle. Sie wirken klimapositiv - sofort und unmittelbar.

Und noch wichtiger: Sustainable Aviation Fuels, kurz SAFs, können bereits heute in unseren Triebwerken problemlos eingesetzt werden. Es braucht keine Änderungen an der Triebwerksarchitektur.

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Auch die bisherige Infrastruktur an Flughäfen kann weiterhin genutzt werden. Und klar ist auch: Gerade auf der Langstrecke sind SAFs auf absehbare Zeit alternativlos.

Deutliche Vorteile also - wo liegt die Hürde?

Da wären wir wieder beim Thema Licht und Schatten.

Die große Herausforderung bei SAFs ist ihre Verfügbarkeit. Wir brauchen große Produktionskapazitäten. Und das kurzfristig.

Die Technik ist da. Das Wissen auch.

Was fehlt, ist die Industrialisierung, also Produktionsanlagen und preiswerter Grünstrom. Wir brauchen eine attraktives Geschäftsmodell für industrielle Investoren.

Für Deutschland liegt dieses nicht in der Produktion hierzulande. Dafür braucht es Regionen mit deutlich mehr Wind- und Sonnenenergie. Deutschlands Chance beim Thema SAF liegt im Maschinenbau: in der Anlagentechnik, die wir "made in Germany" in die entsprechenden Regionen exportieren sollten.

Aus meiner Sicht müssen wir uns hier auch politisch stärker als bisher engagieren. Ich werde deshalb nicht müde, das bei meinen Gesprächen im politischen Berlin immer wieder zu betonen: Deutschland hat hier eine echte Chance - von der auch die heimische Luftfahrtindustrie profitieren könnte. Diese Gelegenheit dürfen wir nicht verpassen!

Zurück zu unserem Nachhaltigkeitsfokus.

Mein zweiter Punkt bezieht sich auf die Triebwerke selbst: In unserer Technologie-Agenda konzentrieren wir uns auf evolutionäre Weiterentwicklungen der Gasturbine auf Basis des Getriebefans.

Gleichzeitig denken wir aber auch über völlig neue, revolutionäre Antriebskonzepte nach. Beide habe ich Ihnen im vergangenen Jahr im Detail vorgestellt: den Water-Enhanced Turbofan und die Fliegende Brennstoffzelle. Und beide Projekte haben wir 2023 im Rahmen europäischer Forschungsvorhaben weiter vorangetrieben. Das Ziel ist klar: Durch den Einsatz neuer Technologien wollen wir die Emissionen von Triebwerken weiter reduzieren, wenn möglich auf nahezu null.

Und drittens:

Auch unsere Fertigungs- und Instandhaltungsaktivitäten sollen klimaneutral werden. Das haben wir uns in unserer Klimaschutz-Strategie vorgenommen. Sie gilt für alle vollkonsolidierten MTU-Standorte. Weltweit.

Unsere Klimaschutz-Strategie haben wir auch 2023 erfolgreich umgesetzt: Gegenüber dem Basisjahr 2019 haben wir die CO2-Emissionen um 45 Prozent reduziert. Und wir senken sie weiter.

Auf diesem Weg ist der Übergang zu alternativen Energiequellen eine wichtige Säule. Deshalb treiben wir zum Beispiel hier in der Konzernzentrale in München die Tiefen-Geothermie voran. Perspektivisch wollen wir ohne fossile Energieträger heizen.

Vergangenes Jahr haben wir mit den Bauarbeiten auf dem Werksgelände begonnen. Lassen Sie uns gemeinsam auf die Baustelle schauen - mit unserem Projektleiter Stefan Lange:

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[Video] Schön, dass ich Ihnen unser Geothermie-Projekt zeigen darf. Tiefen-Geothermie wollen wir in München als nachhaltige Energiequelle nutzen. Wir stehen hier am Bohrturm. Seit einigen Wochen ist der erste Bohrpfad fertig. Er hat eine Länge von 2.650 Metern. Unsere Pumpversuche haben wir erfolgreich abgeschlossen - mit vielversprechenden Ergebnissen. Im Moment laufen Bohrarbeiten für den zweiten Bohrpfad. Unsere Geothermieanlage soll eine Leistung von 10 Megawatt liefern. Mit dieser Leistung ließen sich 2.000 Häuser versorgen. Die MTU kann ihren Wärmebedarf damit zu etwa 80 Prozent decken.

Vielen Dank, Herr Lange - ein wichtiges Projekt, auch für die Erreichung unserer ESG-Ziele.

Die MTU setzt übrigens standortübergreifend auf die Beschaffung von Grünstrom. Die Stromerzeugung für unsere Standorte in Polen und Serbien ist bereits komplett emissionsfrei. Und unseren Hauptstandort in München betreiben wir bilanziell klimaneutral.

Meine Damen und Herren, all das zahlt auf die große Vision der Luftfahrt ein: Klimaneutralität bis 2050.

Dieses Ziel treibt uns jeden Tag an. Wir leisten unseren klaren Beitrag zu einem klimafreundlicheren Luftverkehr.

Nicht alle Ideen werden sich durchsetzen. Aber es braucht den Mut, Neues auszuprobieren, neue Wege zu beschreiten. Den Mut, die Zukunft der Luftfahrt zu gestalten. Mit Technologie und Innovation. Mit Neugier und Leidenschaft.

Diesen Mut, diese Neugier und diese Leidenschaft haben wir. Seit 90 Jahren. Im Jahr 2024 feiert die MTU ihr 90-jähriges Bestehen.

In diesem Jahr blicken wir zurück auf 90 Jahre Erfolgsgeschichte. Und wir richten den Fokus gleichermaßen nach vorne.

Getreu dem Motto: "passion for engines - 90 years and beyond".

Mit der Expertise aus 90 Jahren und mit der erforderlichen Leidenschaft gehen wir nach vorne - mit der klaren Vision einer klimaneutralen zivilen Luftfahrt.

Meine Damen und Herren,

und natürlich steht auch unser militärisches Geschäft im Fokus. Es ist ein weiteres Licht-und-Schatten- Thema.

Licht, weil der Bedarf an militärischer Ausstattung wächst. Mit unseren Produkten sind wir wieder in der Mitte der Gesellschaft, in der politischen Diskussion angekommen.

Schatten natürlich, weil der traurige Grund dafür die furchtbaren Kriege der jüngsten Zeit sind - auch hier in Europa.

Sie haben auch dazu geführt, dass die Diskussion über Europas Souveränität und Wehrhaftigkeit mehr denn je auf der Tagesordnung steht. Dabei geht es ganz klar auch um die Verteidigung unserer Werte, unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

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Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Wir leisten mit unseren militärischen Programmen einen entscheidenden Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit Europas. Heute unter anderem mit unserem Anteil am Triebwerk für den Eurofighter, morgen im Rahmen des FCAS-Programms.

Für dieses neue europäische Kampfflugzeug-System haben wir einen nationalen Technologievertrag mit einer Laufzeit von vier Jahren abgeschlossen. Die MTU hat 2023 alle Meilensteine erreicht, nun geht es auf politischer Ebene darum, die 2. Phase auf den Weg zu bringen.

Perspektivisch wollen wir auch hier die Chance zum Technologie-Transfer vom militärischen in den zivilen Bereich nutzen.

Außerdem wollen wir uns mit dem französischen Konzern Safran um das Triebwerk für die nächste Militär-Hubschrauber-Generation kümmern. Ein gesamteuropäisches Team soll dieses schnell und effizient entwickeln.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also: 2023 war ein bewegtes Jahr für die MTU.

Mit vielen Herausforderungen, aber auch mit vielen Fortschritten und Erfolgen. Das ist die großartige Leistung eines starken Teams.

Dafür sage ich im Namen des gesamten Vorstands ein herzliches Dankeschön! Wir sind stolz, eine so motivierte und kompetente Belegschaft an unserer Seite zu wissen.

Am meisten freuen wir uns darüber, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Spaß an der Leistung haben. An allen 18 Standorten der MTU, in allen Geschäftsbereichen erleben wir großes Engagement und Freude an dem, was wir jeden Tag tun. Und das ist wunderbar zu sehen.

Wir haben ein Team, das anpackt und sich nicht vom Kurs abbringen lässt, auch wenn es einmal zu Turbulenzen kommen sollte.

Einen Punkt möchte an dieser Stelle betonen, auch wenn es für uns eine Selbstverständlichkeit ist:

Was für uns zählt, sind Kompetenz, Engagement und Leidenschaft. "Passion for engines - 90 years and beyond".

Dabei ist es für uns unbedeutend, woher jemand kommt, welchen Geschlechts er ist oder welche Vorlieben er hat. Unser Unternehmen steht für Weltoffenheit, Vielfalt und Respekt. Rassismus und Ausgrenzung haben bei der MTU keinen Platz.

Das sage ich als überzeugter Europäer.

Europa ist in meiner Vita und in meinem Herzen tief verankert: Ich bin in Norddeutschland geboren. Studiert und gearbeitet habe ich in England, Frankreich und Spanien. Ich bin mit einer Spanierin verheiratet, unsere Kinder sind in Frankreich geboren.

Und das sage ich als passionierter Luftfahrer:

Keine andere Branche sorgt für einen vergleichbar weltumspannenden Austausch - von Menschen und Kulturen, von Waren und Dienstleistungen. Die Luftfahrt überfliegt Grenzen, bringt Menschen zusammen. Auch dafür steht die MTU mit ihren über 12.000 Beschäftigten auf der ganzen Welt.

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MTU Aero Engines AG published this content on 08 May 2024 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 08 May 2024 09:18:01 UTC.