Frankfurt/Wien (Reuters) - Die österreichische Raiffeisen Bank International (RBI) gerät wegen ihres Russland-Geschäfts immer stärker unter Druck der USA.

Die US-Sanktionsbehörde Office of Foreign Assets Control (OFAC) habe in einem neuen Schreiben an die Bank ihre Besorgnis über die angebliche Expansion der RBI in Russland geäußert, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Die Expansion stehe im Widerspruch dazu, dass die Bank zugesichert habe, ihre russischen Aktivitäten abzubauen, sagte die Person, die Einsicht in das Schreiben hatte.

In dem Brief vom 6. Mai warnte demnach der stellvertretende Finanzminister Wally Adeyemo, dass das Vorgehen der RBI, das Risiko erhöhe, dass der Bank der Zugang zum US-Finanzsystem beschränkt werden könnte. Er habe auch auf die von US-Präsident Joe Biden im Dezember erlassene Exekutivanordnung verwiesen, die US-Sekundärsanktionen gegen ausländische Finanzinstitute vorsieht, die bedeutende Transaktionen mit der russischen Militärindustrie ausführen.

Zudem hätten die Amerikaner Bezug zu dem inzwischen von der RBI abgeblasenen Geschäft rund um den mit Sanktionen belegten russischen Oligarchen Oleg Deripaska und den Wiener Baukonzern Strabag genommen. Dass die RBI das Geschäft abgesagt habe, werde von Washington als "wichtiger Schritt" gesehen, es würden aber Bedenken bestehen bleiben, sagte die Person.

Die RBI teilte auf Anfrage von Reuters mit, dass sie seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine ihre Aktivitäten in Russland deutlich reduziert und weitreichende Maßnahmen ergriffen habe, um die Risiken aus den erhöhten Sanktions- und Compliance-Anforderungen zu mindern. Unabhängig davon arbeite die Bank weiterhin an der Dekonsolidierung ihrer russischen Tochterbank.

Die RBI erklärte weiter, dass sie sich "aus Gründen der Vorsicht" entschied, vom Strabag-Deal Abstand zu nehmen. Dass diese Vorsicht begründet war, zeigte sich am Dienstag, als bekannt wurde, dass die US-Sanktionsbehörde im Zusammenhang mit dem abgesagten Geschäft einen russischen Geschäftsmann und drei russische Firmen auf die Sanktionsliste gesetzt hat. Das US-Finanzministerium begründete dies damit, dass mit einer undurchsichtigen Transaktion der Versuch gestartet wurde, die Sanktionen zu umgehen. An der Wiener Börse verloren die RBI-Aktien 2,4 Prozent auf 17,3 Euro.

Die RBI versuchte über eine komplexes Geschäft, in Russland eingefrorene Gewinne herauszuholen. Über die russische Tochter wollte die Bank Strabag-Aktien im Wert von rund 1,5 Milliarden Euro kaufen. Politisch war das Geschäft jedoch umstritten, weil nicht klar war, welche Rolle Deripaska spielt. Die Strabag-Aktien, die die RBI kaufen wollte, wurden von einer russischen Firma gehalten, die bisher von dem Oligarchen kontrolliert wurde. Aufgrund der Sanktionsbestimmung sind diese Aktien aber derzeit eingefroren. Die RBI hoffte lange, eine sanktionskonforme Lösung gefunden zu haben, musste den Deal aber schussendlich abblasen.

Das Finanzministerium in Wien wollte sich zu dem Brief der US-Kollegen nicht äußern. "Die RBI hat ihre Entschlossenheit bekundet, die Entkonsolidierung der Bank in Russland zu erreichen, etwa durch einen Verkauf. Wir gehen davon aus, dass alle Gesetze und Sanktionen eingehalten werden", heißt es in dem Statement. Zudem sei man im laufenden Austausch mit Vertretern internationaler Partner.

IMAGEPROBLEM RUSSLAND-GESCHÄFT

Die RBI ist neben der italienischen UniCredit die größte westliche Bank in Russland. Sie prüft seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine Optionen für einen Ausstieg. Bankchef Johann Strobl verweist stets auf die zahlreichen notwendigen Genehmigungen und Auflagen aus Russland, die dies erschweren. Die RBI habe zwar ihr Kreditvolumen in Russland um 56 Prozent reduziert, sie erwirtschaftet dort aber die Hälfte ihres Konzerngewinnes. Die Zahl der Kunden blieb zuletzt mit 3,2 Millionen stabil, während die Anzahl der Filialen leicht sank.

Die RBI bekam auch bereits Post von der europäischen Aufsichtsbehörde. Die Europäische Zentralbank (EZB) machte klar, dass ihr der Rückzug aus Russland zu langsam geht. Sie forderte die RBI auf, die Kreditvergabe und den Zahlungsverkehr stärker einschränken, teilte die Bank selbst mit.

Zudem sorgte ein Bericht der Tageszeitung "Financial Times" für den Eindruck, dass es die RBI mit ihrem Rückzug aus Russland nicht ganz so ernst meint. Grund dafür ist, dass in Russland zahlreiche Stellen ausgeschrieben wurden. Die Zeitung verwies unter anderem auf ein Inserat, in dem es heißt, dass die Hauptziele "eine mehrfache Erweiterung der aktiven Kundenbasis und ein stabiles zweistelliges Ertragswachstum" seien.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von John O'Donnell und Alexandra Schwarz-Goerlich